Explorations in the World around us and the World within us. Internationale junge Wissenschaftler im interdisziplinären Austausch. Ein außergewöhnliches Symposium

Dr. Melanie H. Adamek • 9. August 2019

Der renommierte medizinische Psychologe und Hirnforscher Prof. Dr. Ernst Pöppel lädt zum Internationalen Symposium im Golfclub Beuerberg

Dort, wo ich normalerweise geistig abschalte und eine (ruhige) Kugel schiebe, nämlich in Beuerberg, dem genialsten Golfclub der Welt, durfte ich eine für einen Golfclub eher ungewöhnliche und wahrhaft inspirierende Veranstaltung erleben. Wissenschaftler aus der ganzen Welt trafen sich zu einem interdisziplinären Austausch und berichteten in knackigen 5-Minuten-Talks über ihre Forschungen. Was die meisten verbindet: Sie sind oder waren Doktoranden bei Prof. Dr. Ernst Pöppel. 

Die Veranstaltung wurde auch zu Ehren von Isolde und Dr. Urs Zondler abgehalten, denn die beiden, so lernte ich, unterstützen einige der jungen Wissenschaftler persönlich. Es tut immer wieder gut zu sehen, dass viele Menschen gute Dinge tun, ohne ein Aufhebens davon zu machen. So sollte es in einer aufgeklärten Gesellschaft sein. Danke Isolde und Dr. Urs Zondler.   Die Talks wurden auf Deutsch und Englisch gehalten. Besondere Würze gab den Vorträgen auch Prof. Pöppels Auftrag an die Referenten, am Ende ihres Vortrags ein Gedicht in der Geburtssprache zu präsentieren. Dank des von Prof. Dr. Eva Ruhnau perfekt und mit Stoppuhr geführten „Zeitregiments, konnte man sich gut auf die schönen Gedichte konzentrieren. Prof. Ruhnau ist nicht nur sehr charismatisch, sondern auch Wissenschaftliche Geschäftsführerin des Humanwissenschaftlichen Zentrums der LMU München. Ich habe mich sehr gefreut, mit ihr an einem Tisch zu sitzen und Näheres über ihre Arbeit zu erfahren.

Hochkarätige Explorationen: Top 10

Die über 20 Vorträge waren mehr als spannend und ich habe mir zu jedem Notizen gemacht, um in einer ruhigen Stunde weiter über das eine oder andere nachzudenken. Hier ein Anriss der Top 10, wobei das Top natürlich nicht wertend gemeint, sondern der Programmreihenfolge geschuldet ist. 

 

  • Hans Peter Michel, ehemaliger Bürgermeister von Davos, sprach unter dem Titel „Was ist Führung und wie entwickelt sie sich in Zukunft? verschiedene Führungstheorien an und wie sich Führung in Zeiten von Digitalisierung und KI verändert. Der interaktionstheoretische Ansatz erinnerte mich an mein Leadership-Training bei Krauthammer International. Gleichzeitig wurde mir bewusst, dass ich seit Jahren in erster Linie mich führe und weniger fordernd sein sollte ;-). 
  • Areso Formuli, eine beeindruckende junge Deutsch-Afghanerin, brachte uns die neurowissenschaftliche Definition von Identität näher und berichtete eindringlich von den Problemen der Identitätssuche bei bikulturellem Hintergrund, die vor allem in der Pubertät beginnen und sogar zu einer Identitätsstörung führen können.
  • Der Vortrag des Iraners Morteza Izadafar machte mir bewusst, dass nicht immer alles so ist, wie es scheint. Schaut man sich die neuronalen Signale in unserem Gehirn an, so besteht wohl eine deutliche Diskrepanz zu dem, was wir uns über unser Leben vorstellen. Kontinuität scheint eine Illusion zu sein. Was also ist der Kleber, der bewirkt, dass wir uns so fühlen, als würden wir gemütlich auf dem Fluss des Lebens dahinschippern? Abgefahren! 
  • Ebenso abgefahren: Jana von Trott zu Solz berichtete über ihre Einzelfallstudie mit einer erblindeten Dame zu „Sehen trotz Blindheit? Wie das Gehirn Wege findet, die Welt zu begreifen.“ Die Ergebnisse böten neue Einblicke in das Abrufen visueller Bilder aus dem episodischen Gedächtnis.
  • Die südkoreanische Mathematikerin und Physikerin  Garam Jeong befasste sich ebenfalls mit dem episodischen Gedächtnis und der Interaktion von Gehirnarealen bei der erblindeten Dame. 
  • Spannendes Intermezzo: Prof. Dr. Ernst Pöppel lud die Gäste im Anschluss an den Vortrag zu einem Selbsttest ein. Er berichtete zudem von einer neuen „Identitätsstiftenden Therapie bei Alzheimer-Patienten.

 

 

  • Haiming Yang,  Undergraduate in Medizin und Psychologie aus China, hielt einen für mich sehr anspruchsvollen Vortrag über „Stepping into the future without glancing back. The nature of brain mechanism unveiled by the random item generation paradigm. Was ich mir vor allem gemerkt habe: Bei der Verarbeitung von mehr als 10 Alternativen steigt unser Gehirn aus.
  • Susana Lara Maier  wurde als die Epilepsie-Spezialistin Costa Ricas vorgestellt. Sie brachte uns die Hintergründe, Symptome und Ausprägungen dieser früher als holy bzw. sacred desease bezeichneten Krankheit näher. Epilepsie ist die häufigste neurologische Erkrankung und stark stigmatisiert. Sieben Prozent der Menschen haben einmal im Leben den typischen „burst of energy.
  • Die bosnische Forscherin Nejra Rizvanovic ging der Frage des Fehler-Managements in der Medizin nach. Ein heikles Thema, das mir nicht ganz fremd ist, beschäftigen wir uns in unserem Verlag doch mindestens einmal im Jahr intensiv mit Behandlungsfehlern und der Fehlerkultur bei medizinischem Personal. 
  • Anwaltskollege Alexander Benz berichtete über die Vision einer nachhaltigen Universität in Myanmar. Ein toller Vortrag, den ich teilweise auf Video gebannt habe. Lustigerweise hatte ich an dem Tag auch ein rotes Bändchen an, auf der Reise war ich aber leider nicht dabei. Schade, den buddhistischen Mönch hätte ich zu gern kennengelernt. 

 

 

  • Der letzte Vortrag vor der Pause hatte es in sich: Dr. Maria Reinisch, Geschäftsführerin der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW), sprach über „Unsere UmWelt - und die Verantwortung der Wissenschaften“. Ich weiß nicht, ob es daran lag, dass sie Kommunikationchefin von Siemens Deutschland war und dementsprechend vorträgt, oder daran, dass ich mich in letzter Zeit sehr stark mit Fragen des Klimawandels und der daraus resultierenden Probleme beschäftige: Nach diesen gut zehn Minuten war ich völlig fertig und verspürte das tiefe Bedürfnis, mich noch mehr für unsere Umwelt zu engagieren. Ich erwäge, der VDW beizutreten. In der VDW vernetzen sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus allen wissenschaftlichen Disziplinen, die ihre Verantwortung für die Folgen von wissenschaftlicher Forschung und technischer Entwicklung kritisch reflektieren und mit differenzierter Expertise an der gesellschaftlichen Debatte, vor allem auf den Gebieten Frieden, Klima, Biodiversität und Ökonomie, aktiv teilnehmen. 

 

Eine komplexe Welt der Fragen

Im zweiten Teil (siehe Bild) landeten wir über China, Albanien, Italien - nach Deutschland und Russland - schließlich in Holland. J an Vasbinder stellte als letzter Redner „Para Limes“ vor. Das Ziel dieser Vereinigung ist, mittels Organisation und Durchführung komplexer Erkundungen mit Wissenschaftlern, Philosophen, Künstlern, politischen Entscheidungsträgern und Praktikern von Weltrang neue Konzepte und Ansätze für den Umgang mit der Komplexität unserer Welt zu finden. Vasbinders Frau Irit trug ein sehr ergreifendes Gedicht auf Hebräisch vor, bevor Prof. Dr. Ernst Pöppel und Dr. Urs Zondler ihre Schlussworte sprachen. 

Explorations in the World around us and the World within us. Internationale junge Wissenschaftler im interdisziplinären Austausch. 8. August 2019, Golfclub Beuerberg

Interdisziplinarität: Was fördert, was verhindert sie?

Sehr aufmerksam habe ich Prof. Pöppels Ausführungen zur Interdisziplinarität zugehört. Ich fühlte mich davon angesprochen, weil ich genau diesen interdisziplinären Austausch im Themenfeld Wald und Gesundheit bei uns in Deutschland vermisse, sowohl akademisch wie auch praktisch. Die Gründe, die Prof. Pöppel nannte, gelten hier meines Erachtens entsprechend. In anderen Ländern ist man da weiter. Z.B. in Japan, wo die Forschungsrichtung Forest Medicine begründet wurde. Sie vereint viele Disziplinen, welche sich aus verschiedenen Blickwinkeln mit der Heilkraft des Waldes befassen. 
Bei hervorragendem Essen und erlesenen Weinen (wie gewohnt im Golfclub Beuerberg) entwickelten sich sehr interessante Gespräche, die nicht nur weitere Fragen aufwarfen, sondern auch spannende Ansätze für einen intensiveren Austausch. Prof. Dr. Hans-Jürgen Papier war zwar (m)ein guter Doktorvater, aber einen wie Prof. Dr. Ernst Pöppel kann man sich nur wünschen. 
Fazit: Ein toller Nachmittag und Abend mit inspirierenden Menschen und Gesprächen. Mini-Wehrmutstropfen: Linda Hinz  ist mir entwischt. Ich hätte so gern mit der stellvertretenden Chefredakteurin von Focus online über Im-Wald-Sein als Präventionskonzept gesprochen. Next time. Kontinuität ist ohnehin eine Illusion.

mha@imwaldsein, https://www.melanie-adamek.de , 9. August 2019, Videos und Bilder: Copyright Dr. Melanie H. Adamek, 2019

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